Es ist 6:30 Uhr morgens an einem Sonntag, der Wecker klingelt, müde stehe ich auf und mache mich fertig. Kurz darauf verlasse ich das Haus, um mich auf den Weg nach Pankow zu machen.

Denn in Pankow befindet sich die Suppenküche der Franziskaner, wo ich seit Dezember 2023 tätig bin. 

Zunächst war ich skeptisch, und das nicht nur wegen der Uhrzeit, um die meine Schicht anfängt (8:30 Uhr), nein, auch wegen der Vorurteile, die ich teilweise gegenüber Obdachlosen und Hilfs-bedürftigen hatte. In der Suppenküche angekommen, blicke ich auf die Tür des Büros von Herrn Backhaus, dem Leiter der Suppenküche. An dieser Tür hängt ein Zettel, der bezeugt, dass ich nicht allein mit meinen Vorurteilen war. Eine Schulklasse hatte einen Ausflug zur Suppenküche gemacht und schrieb einmal vor- und einmal nach der Veranstaltung ihr Bild von Obdachlosen auf. Auf dem Vorher-Bild sind Dinge zu lesen, wie:

„Ich hätte gedacht, dass Obdachlose betrunken und aggressiv sind und ich hätte gedacht, dass ich mich auch unwohl fühlen würde mit ihnen zu arbeiten.“
„Ich hätte gedacht, dass Obdachlose unfreundlich sind.“
„Ich hätte gedacht, dass sie nicht gepflegt und dass sie auch nicht dankbar sind.“
„ Ich habe mir Obdachlose wütend vorgestellt, und es war immer komisch, an ihnen vorbei zu gehen.“

Nach dem Einsatz der Schüler in der Suppenküche schrieben sie:
„Obdachlose sind auch nur Menschen, so wollen sie auch so behandelt werden. Viele können für Ihre Situation auch gar nichts.“
„ Die Gäste waren freundlich, haben sich über das Essen gefreut und waren wirklich höflich..“
„ Diese Leute sind auch wenn Menschen, die mit dem gleichen Augen gesehen werden wollen.“
„gepflegte , nette und dankbare Menschen, die sich über kleine Sachen riesig freuen.“
„Ich hatte eine komplett falsche Meinung, denn viele geben sich eine große Mühe, nett zu wirken und auch nett zu sein. Mir ist es peinlich, falsch gedacht zu haben.“

Und ich kann dies nur bestätigen! Bei meinem ersten Einsatz in der Suppenküche war ich unsicher, auch wenn ich mit einer Freundin gemeinsam dort war, hatte ich in gewisser Weise Angst vor dem, was mich erwarten würde. Doch schon bei der herzlichen Begrüßung dort, verflog meine Angst sofort. Das gesamte Team war sehr freundlich und humorvoll. Die anderen Freiwilligen nahmen uns sehr liebevoll auf und vermittelten das Gefühl, als würde man sich schon ewig kennen. Bei unserem ersten Einsatz führte Herr Backhaus meine Freundin und mich erst einmal durch alle Räumlichkeiten und ich war zutiefst beeindruckt von dem Ort, den das Team der Suppenküche dort geschaffen hat 
Es gibt eine „Hygienestation“, wo den „Gästen“, wie die Hilfsbedürftigen hier genannt werden, sauberes Wasser und eine Podologie Station zur Verfügung steht. Ebenso gibt es einen Raum voller Kleidung, wo die Gäste sich umsonst bedienen dürfen. Ich war sehr beeindruckt von dieser humanitären Einrichtung.

Meine Arbeit bestand zunächst darin, mit zwei anderen Freiwilligen, Brote zu schmieren. Währenddessen entwickelten sich lustige Gespräche, in denen man sein Gegenüber gut kennenlernen und auch etwas über seine Lebensgeschichten erfahren konnte.

Ein Freiwilliger, der dort nun schon seit über 12 Jahren ehrenamtliche Arbeit leistet, erzählte mir, dass einer der Franziskaner Brüder ihn zur Suppenküche brachte, als er durch eine schwere Zeit ging. Ihn faszinierte, dass man ihn dort akzeptierte, wie war und dass ihn das dazu bewegte, auch die anderen zu akzeptieren, wie sie sind. Oft nehmen ihn die traurigen Geschichten, gerade von jungen Besuchern der Suppenküche stark mit. Dennoch sieht er auch viele positive Aspekte, die Dankbarkeit der Gäste sei eins der besten Gefühle für ihn.
Besonders reizen ihn die Diskussionen, die sich während der Arbeit ergeben. Er ist ein gläubiger Jude und diskutiert oft mit den christlichen Freiwilligen über theologische Themen. Diese Diskussion verbessern das Arbeitsklima stark, sagt er.
Während seiner Zeit bei der Suppenküche habe er sich selber auf eine ganz neue Art kennengelernt. Er betont, jedem Menschen empfehlen zu können, sich sozial einzubringen. Über 47 Millionen Menschen sind derzeit sozial engagiert in Deutschland und bilden so die Grundlage für ein besseres Miteinander in der Gesellschaft.

Während der Arbeit in der Suppenküche, ist es allen Mitgliedern freigestellt, den Gottesdienst der Franziskaner Gemeinschaft zu besuchen. Meine Freundin und ich nahmen dieses Angebot war und kamen im Austausch mit den Mitgliedern der Gemeinde, die uns offen erzählten, wie gut sie unser Engagement finden (wir waren an unseren Schürzen zu erkennen). 

Mittag gegessen wird gemeinsam um 12 Uhr, mit gemeinsamen Tischgebet, bevor die Gäste sich um 12:45 Uhr ihr Essen abholen kommen.
 
Die Gäste werden mit Respekt behandelt und sie bedanken sich oft bei uns für den Dienst, den wir leisten, oder loben den Geschmack des Essens. Diese kleinen netten Kommentare erhellen meinen Tag und berühren mich tief.
Ein Gast, der jeden Sonntag den Gottesdienst besucht, kam während des Essens zu mir und sagte, ich sei ihm in der Kirche aufgefallen und wie froh es ihn mache zu sehen, dass auch junge Leute sich sozial engagieren. Bei meinem nächsten Dienst war er wieder da und erzählte mir von seiner Lebensgeschichte und wie er seinen Glauben in einer Lebenskrise neu fand, was wirklich sehr inspirierend für mich war.

Ursprünglich sollte ich im Zusammenhang mit meinem Firmvorbereitungskurs soziale Stunden ableisten und bin über den EventManager dann auf die Suppenküche aufmerksam geworden, von der mir auch schon Freunde berichtet hatten. Allerdings musste ich für die Firmung nur 10 Stunden ableisten, aber das Engagement machte so großen Spaß, dass ich länger dabeigeblieben bin.

Ich habe gelernt, Menschen nicht nach Äußerlichkeiten zu beurteilen, sondern immer einen Blick hinter die Fassade zu werfen. Gutes zu tun, sollte in der Natur des Menschen liegen und ist in unserem Glauben fest verankert. Franziskus zum Beispiel sagte: „Den Nächsten lieben heißt, nicht die eigenen Interessen suchen, sondern die Lasten der Schwächeren und Ärmeren tragen“.
Dieses Zitat beschreibt für mich gut den Kern meines Glaubens, den ich auch leben möchte, was ich hier z. B. in der Suppenküche tue.

Abschließend kann man sagen, dass ich sehr dankbar für meine außergewöhnlichen Erfahrungen bin, die mir in meinem Leben sehr viel gebracht haben und mir auch weiterhin sehr viel bringen werden. 

Ich hoffe, dass ihr euch jetzt auch motiviert fühlt, euch sozial zu engagieren.
Wenn ja, sprecht doch einfach mal Herrn Kolbe an oder meldet euch über den EventManager für das „Soziale Engagement“ an. 

Liebe Grüße und alles Gute
Helena, 2. Semester 2024