1926 begann die Entwicklung der Berliner Liebfrauenschule
Ihr Dasein verdankt sie Prälat Bernhard Lichtenberg, der zu der Zeit Pfarrer der Charlottenburger Herz-Jesu-Gemeinde war. Zu seinem Sprengel gehörte auch das Lyzeum Muche, das aus der 1895 gegründeten ersten katholischen Privatschule für Mädchen hervorgegangen war. Als die Leiterin, Frau Direktorin Muche, die Schule in der Schlüterstraße aus Altersgründen nicht weiterführen konnte, setzte sich Prälat Lichtenberg unermüdlich für ihren Fortbestand ein. Ihm war es ein Anliegen, daß diese Institution für Mädchen von einer Ordensgemeinschaft übernommen werden sollte.
Nachdem er schon einige Absagen erhalten hatte, unternahm er eine Reise zum Mutterhaus der Schwestern Unserer Lieben Frau in Mülhausen-Oedt am Niederrhein. Hier mußte er erfahren, daß die Generaloberin sich gerade in den Niederlanden aufhielt. Prälat Lichtenberg ließ sich nicht entmutigen. Er fuhr ihr nach und erhielt die Zusage für die Übernahme des Lyzeums durch den Orden. 1926 im April kamen die ersten Schwestern nach Berlin, mit - wie es in den Annalen heißt - "gemischten Gefühlen".
Bereits im darauffolgenden Jahr wurde der Unterricht in den Königsweg 23 (heute Wundtstraße) verlegt. Das Gebäude am Lietzensee hatte die Schwesterngemeinschaft von dem russischen Fabrikanten Marjans erworben. Prälat Lichtenberg ließ es sich nicht nehmen, das Haus und die Kapelle einzuweihen. Auch weiterhin blieb er der Liebfrauenschule eng verbunden. Er war dort als Religionslehrer tätig. Außerdem setzte er sich für ihre finanzielle Unterstützung ein.
Für weitere Informationen bitte das Bild anklicken →
Schwierige Zeiten während des Nationalsozialismus
Den Nationalsozialisten waren katholische Einrichtungen ein Dorn im Auge. Im August 1936 verfügte ein Ministerialerlaß den stufenweisen Abbau des "Liebfrauen-Oberlyzeums mit Frauenschule, weil ein Bedürfnis für sie nicht mehr anerkannt werden konnte" (Zitat).
1941 erfolgte die endgültige Schließung. Bis zu diesem Zeitpunkt gelang es den Schwestern wiederholt , jungen verfolgten, jüdischen Menschen Zuflucht und Schutz vor den Nationalsozialisten zu gewähren. Zur Erinnerung an diese Zufluchtsmöglichkeit für jüdische Kinder ist eine Gedenktafel am ehemaligen Schwesternhaus angebracht.
Viele ehemalige Schülerinnen trafen sich trotz der Kriegswirren weiterhin zu religiöser Weiterbildung und zu Gottesdiensten; nie ließen sie den Kontakt zu den Ordensschwestern abreißen. Als das Gebäude am Lietzensee 1944 bei einem Bombenangriff stark zerstört wurde, schrieb die Schulleiterin Schwester Maria Coelestis an ihre einstigen Schülerinnen: "Das Liebfrauenhaus ist nun zu einem Trümmerhaufen, zu einer Stätte des Grauens geworden, aber die Liebfrauenschule wird weiter leben." Ihre Hoffnung sollte sich erfüllen.
Wiederaufbau der Liebfrauenschule nach 1945
So konnte bereits einen Monat nach Kriegsende der Wiederaufbau der Liebfrauenschule beginnen. Da Bomben das alte Schulgebäude am Lietzensee zerstört hatten, wurde die Ahornallee zum neuen Standort. Anfangs fand der Unterricht in der Villa statt, dann wurden Behelfsunterkünfte und Baracken, die sogenannte „Gartenschule“, in den umliegenden Grünanlagen errichtet. 1959 konnte letztendlich ein neues, festgemauertes Schulgebäude eingeweiht werden. Weitere Anbauten folgten: 1969 die Turnhalle, 1986 Physik- und Musikräume, 1994 die Cafeteria, 2010 eine Mensa, ein naturwissenschaftlicher Bereich, sieben weitere Unterrichtsräume und zusätzliche Sanitäreinrichtungen.
Mit Beginn des Jahres 1970 übernahm das Erzbistum Berlin die Trägerschaft der Liebfrauenschule. Die Schwestern Unserer Lieben Frau hatten personelle und finanzielle Probleme, waren aber bereit, entsprechend ihrer Möglichkeiten weiter mitzuarbeiten. 1992 traten schließlich die letzten Ordensschwestern in den Ruhestand.
Im Verlauf ihrer Geschichte durchlief die Schule eine Reihe von Umstrukturierungen. Sie war stets ein Gymnasium, bildete in ihrer Anfangszeit aber auch Kindergärtnerinnen und Hortnerinnen aus. 1951 wurden dann stattdessen Grundschulklassen auch mit Jungen eingerichtet, die bis 1972 Bestand hatten. In diesem Jahr begann der Abbau der Grundschule, während gleichzeitig ein Realschulzweig eingerichtet und koedukativer Unterricht auch in der Oberschule zugelassen wurde.
Diese Kombination von Realschule und Gymnasium in additiver Form veränderte das Erzbistum erst, als es mit finanziellen Problemen zu kämpfen hatte. Der kostenintensive einzügige Realschulzweig musste stufenweise geschlossen werden. Seit 2007 ist die Liebfrauenschule nunmehr ein reines Gymnasium mit vier Klassen pro Jahrgang. Bis zum Schuljahr 2008/2009 erfolgte die Aufnahme von Jungen und Mädchen stets zur 7. Klasse. Im Sommer 2009 kam dann der vierte Gymnasialzug, grundständig beginnend mit der 5. Klasse, hinzu. Hieraus entwickelte sich die heutige Profilklasse mit ihrem besonderen Konzept.
Neuere Entwicklungen
Nach einer weiteren Änderung der Organisation und dem Abbau der Realschule ist die Kath. Schule Liebfrauen jetzt ein reines Gymnasium. Über 650 Mädchen und Jungen besuchen heute mit Freude und auch Stolz diese traditionsreiche Schule Berlins. Teilweise wurden bereits ihre Mütter und Großmütter hier unterrichtet. Ein starker Zusammenhalt über die Jahrzehnte hinweg ist spürbar.
Fünf Schulleiter*innen führten bislang die Geschicke der Liebfrauenschule:
1926 - 1933 Schwester M. Valeria
1933 - 1966 Schwester M. Coelestis
1966 - 1992 Schwester M. Borgia
1992 - 2019 Oberstudiendirektorin C. Wehr
seit 2019 Dr. Keitsch
Am 8. September 2010 feierte die Schule im Rahmen des Patronatsfests der Schule den Anbau mit neuen Klassenräumen, Kursräumen und der Mensa:
© Foto B. Lichtenberg
© Text (teilweise) der Chronik